Sonntag, 9. April 2017

Von Essen, Trinken und Bewegungsmangel

Schon wieder sind sieben Tage rum - ein Tag vergeht schneller, der nächste ein bisschen langsamer. Unter der Woche hängt es davon ab, wie viel gerade auf Station zu tun ist. Ist wenig los, hat man auch mal Zeit sich zwischendurch hinzusetzen, ein paar Kekse zu essen oder was zu trinken. Denn von morgens um sieben, wenn ich frühstücke, bis mittags um eins oder zwei, wenn wir Mitagessen gehen, liegen doch ziemlich viele Stunden. Aus Deutschland bin ich gewöhnt, dass es ein zweites Frühstück gibt. Entweder mit dem Rest des Stationspersonals oder eben zwischendurch alleine. Hier gibt es das aber nicht. Zum einen, weil einfach kein Raum dafür vorhanden ist, zum anderen, weil es keine Frühstückskultur gibt. So etwas wie Aufstriche, Käse oder Aufschnitt gibt es nicht zu kaufen - jedenfalls habe ich es im Supermarkt noch nicht gesehen. Toastbrot ist das einzige "Brot", was man hier kennt. Das isst man entweder pur oder mit Magarine und Marmelade, Honig, Erdnussbutter oder völlig überteuerter Nutella. Wie freue ich mich schon wieder auf ein frisches Stück noch warmes Leinsamenbrot oder ein Vollkornbrötchen. Alternativ gibt es hier zum Frühstück auch frische Mandazis. Das sind kleine Teigtaschen, ähnlich zu selbst gemachten Krapfen von daheim, nur ohne Marmelade. Dazu wird dann Tee getrunken, der hier auch angebaut wird. Nur wird er nicht so zubereitet, wie wir es kennen, sondern eher Englisch, das heißt mit Milch. Die Grundsubstanz ist also ein Gemisch aus viel Wasser und weniger Milch, in das man dann einen Teebeutel reinhält. Das Ganze kann man dann noch mit Zimt oder Masala verfeinern. Nicht ganz das, was ich mir so unter einer guten Tasse Tee vorstelle, aber durchaus zu genießen. Kaffee wird hier auch angebaut. Nur habe ich im Supermarkt bisher frisch gemahlenen Kaffee abgepackt oder als ganze Bohne oder auch eine Kaffeemaschine nicht gesehen. Dafür gibt es Kaffeepulver, abgepackt in kleinen Päckchen, das zusammen mit heißem Wasser eher wie schlechter Tütencappuccino schmeckt.
Mittagessen gibt es für die CO/I's und MO/I's kostenlos (Zur Erklärung: damit sind Clinical Officer- und Medical Officer Interns gemeint, so eine Art Assistenzärte zu Beginn. Der Unterschied zwischen den beiden ist, dass die CO/I's nur fünf Jahre studiert haben und keine Operationen durchführen dürfen). Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass es oft nur Reis und trockene Bohnen gibt. Seit Neuestem lässt die Krankenhausleitung aber anscheinend ein bisschen mehr springen, sodass es zur Abwechslung auch mal Ugali (Maisbrei, der nach nichts schmeckt, aber unheimlich sättigend ist), Gemüse oder sogar ein bisschen Fleisch mit Soße gibt. Natürlich wird alles mit den Händen gegessen.

Das ist Chapati mit Bohnen

Ein typisches Mittagessen im Krankenhaus n Ugali mit Gemüse und ein paar Stückchen Fleisch

Auch im OP gibt es kostenlos für alle Essen, da ist Freitag auch mal Fisch möglich.

Hier kleine Fische, ähnlich zu Sprotten, zubereitet mit Ingwer und Knoblauch zusammen mit Ugali und Sukuma wiki (ähnlich zu Spinat)

Schwestern, Studenten und anderes Klinikpersonal hat eine eigene "Kantine" am Ende des Grundstücks im Freien, die liebevoll "Salmonella" genannt wird. Da wir dort nicht Essen, kann ich mir glücklicherweise keine Meinung darüber bilden ;-)

Von den Assistenzärzten wird hier viel abverlangt, ihre Schichten gehen von früh um acht bis abends um acht. Der Nachtdienst geht demzufolge auch von acht bis acht. Danach geht man aber nicht nach Hause, wie in Deutschland, um sich auszuruhen und ein bisschen zu schlafen. Das schafft man nachts hier nämlich meistens nicht, sondern man muss auch noch die nächste Tagschicht schieben. Ist der Kollege auf Station gnädig, kann man vielleicht schon drei Stunden eher gehen. 36-Stunden-Schichten sind also nichts ungewöhnliches. Da sowas auf Dauer nicht nur schlecht für die Gesundheit ist, sondern auch zu Fehlern führen kann, finde ich das System echt fraglich. Zum anderen wird während der Nachtschicht auch nichts weiter gegessen, da die Kantine oder der Kiosk auf dem Gelände dann schon zu haben und man sich nichts ins Krankenhaus bestellen kann oder selbst was zum Essen mitnimmt. Mir ist es unbegreiflich, wo man so die Energie hernimmt um zu arbeiten und vielleicht sogar wichtige Entscheidungen zu treffen. Mein Blutzuckerspiegel ist ja nach sechs Stunden ohne Essen schon immer am Boden...

Außerdem ist mir auf der Arbeit auch aufgefallen, dass Alkohol und auch das Rauchen hier lange nicht so ein großes Problem zu sein scheinen, wie bei uns. Das hängt damit zusammen, dass im öffentlichen Raum - auf der Straße und auf allen Plätzen nicht geraucht werden darf. Auch wird keine Werbung dafür gemacht. Das scheint mir nicht nur sinnvoll, sondern auch furchtbar effektiv zu sein.
Alkohol wird hier nur in Bars und Restaurants ausgeschenkt oder man kann Spirituosen in einem extra Laden kaufen. Die Brauerei Tusker macht hier den Hauptumsatz an Bier, überall wird dafür geworben. Für den gewöhnlich Deutschen Biertrinker wäre es wahrscheinlich ein bisschen zu seicht, mir hat es dafür ziemlich gut geschmeckt.


Nicht nur alle möglichen Klamotten, sondern auch allerlei Einrichtungsgegenstände kann man hier an der Straße kaufen. Neue Sofagarnitur oder ein Bettgestell gefällig - kein Problem!





Auch der Transport nach Hause gestaltet sich ohne großes Auto mit Ladefläche oder einen Anhänger nicht so schwierig, wie man sich das vielleicht vorstellt. Einfach auf den nächsten Bus geschnallt, kann man die neu erworbenen Möbel ganz bequem nach Hause liefern lassen.



Mir läuft immer ein Schauer über den Rücken, wenn wir hinter so einem Gefährt hinterher fahren. Ob die Zuggurte da alles zuverlässig sichern, ist eher schwierig. Eine Matratze zusammengebunden passt übrigens zusammen mit dem Käufer auch auf ein Motorrad...

Zum Ende der Woche hin hat es gerade abends doch öfter mal geregnet. Das hat damit zu tun, dass die "große Regenzeit" beginnt, die bis Mai anhält. Jedes Jahr aber natürlich mit ein bisschen Verschiebung. Lässt dies erstmal Schlimmes erahnen, so beschränken sich die Niederschläge oft auf die Nachmittags- und Abendzeit. Meist verbunden mit einem heftigen Gewitter endet der kurze aber heftige Regenschauer meist so plötzlich, wie er begonnen hat und hinterlässt danach eine unheimlich erfrischende Luft. So empfinde aber nur ich das, für die Einheimischen sind Temperaturen unter 20 Grad Celsius aber eher kalt, bei Durchschnittstemperaturen um die 30 Grad. Und so sieht man alle auf der Straße plötzlich dick eingepackt, manchmal sogar mit Winterjacken.
Dafür aber mit Flip Flops - alle anderen Schuhe würde man sich bei der Pampe überall dann aber auch ruinieren.
Nur das Duschen kostet dann oft ein bisschen Überwindung, denn das Wasser ist dann doch ziemlich frisch. Es ist wieso ratsam vor so einem Schauer zu duschen, denn sehr häufig geht in dieser Zeit dann der Strom verloren. Und im Dunkeln duscht es sich dann doch nicht so gut ;-)
Ganz kuschelig bei Kerzenlicht oder wahlweise der Taschenlampe des Handys, wenn es denn noch genug Akku hat, kann man dann vielleicht noch das Abendbrot zubereiten, da der Gaskocher zum Glück unabhängig vom Strom funktioniert.
Dauert der Stromausfall ein bisschen länger, was durchaus passieren kann, geht man zeitig schlafen. Ich bin hier wieso meistens bis um zehn im Bett verschwunden. Musste ich mich zu Hause manchmal regelrecht zwingen uns Bett zu gehen, so bekomme ich hier meine regelmäßigen acht bis neun Stunden Schlaf - ziemlich komfortabel. Der Hauptgrund dafür ist wohl einfach die Wärme, die mir manchmal doch ein bisschen zu schaffen macht.

Am Samstag wasche ich dann mal wieder Wäsche. Ohne Maschine ist das immer noch ein bisschen ungegwohnt, funktioniert aber super. Vielleicht kriege ich auch endlich ein paar Muckis vom vielen auswringen. Bin ich so doch eher ein Sportmuffel, so fehlt mir die körperliche Betätigung hier doch ein bisschen. Meine Bewegung beschränkt sich hauptsächlich auf das Hin- und Herlaufen zum Labor oder um Sachen auf Station zu suchen. Bei 1100 Metern über dem Meeresspiegel könnte man das wohl aber auch fast als Höhentraining bezeichnen ;-)
Doch für das verlängerte Osterwochenende ist Besserung in Sicht. Mit einer Organisation hier vor Ort geht es auf einen Mountainbike- und Wandertrip zum Mount Elgon. Endlich komme ich mal ein bisschen raus, kann mich bewegen, sehe was von der Natur und hoffentlich auch von der einheimischen Tierwelt. Ich freue mich schon riesig darauf - lenkt es vielleicht auch ein bisschen davon ab, dass ich das erste Mal Ostern nicht zu Hause mit der Familie und all den dazugehörigen Traditionen verbringe.

Wie es um meine Kondition bestellt ist, ob bei über 4200 Metern die Luft eventuell doch ein bisschen knapp wird und ob Affen und Elefanten in freier Wildbahn auch so aussehen, wie im Zoo, das erfahrt ihr dann nächste Woche...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen